Gewerkschaftliche Streiks, die der Unterstützung eines in einem anderen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfs dienen, unterfallen der durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz gewährleisteten Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften. Dieses Grundrecht schützt alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Es überlässt deshalb den Koalitionen die Wahl der Mittel, mit denen sie die Regelung von Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge erreichen wollen. Zu diesen Mitteln gehört auch der Unterstützungsstreik. Seine Zulässigkeit richtet sich – wie bei anderen Arbeitskampfmaßnahmen – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er ist daher rechtswidrig, wenn er zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfs offensichtlich ungeeignet, nicht erforderlich oder unangemessen ist.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts wies, anders als die Vorinstanzen, die Klage eines Druckereiunternehmens ab, das von der Gewerkschaft ver.di wegen eines Unterstützungsstreiks Schadensersatz verlangte. Die Klägerin druckt u.a. die Zeitung für ein zum selben Konzern gehörendes Verlagsunternehmen. Dort führte ver.di einen Arbeitskampf um den Abschluss eines neuen Tarifvertrags für Redakteure an Tageszeitungen. Zu dessen Unterstützung rief sie die Beschäftigten der Klägerin zu einem befristeten Streik auf. Daraufhin legten 20 Arbeitnehmer für eine Nachtschicht die Arbeit nieder. Dieser Unterstützungsstreik war rechtmäßig. Die Gewerkschaft ver.di durfte ihn für geeignet und erforderlich zur Unterstützung ihres Hauptarbeitskampfs halten; der Streik war unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der Klägerin nicht unangemessen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juni 2007 – 1 AZR 396/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2006 – 12 Sa 274/05